Sucralose & Triacetin – Gefahr aus der Dampfe?
Sucralose, Triacetin oder Vitamin-E-Acetat – Diskussionen um Zusatzstoffe in Liquids für E-Zigaretten werden in Dampferkreisen teils hitzig geführt und mitunter erreichen die Themen auch die allgemeine mediale Berichterstattung. Im Sommer des Jahres 2020 entstand eine Debatte um das Süßungsmittel Sucralose. Etwa ein Jahr zuvor wurde die Dampferszene durch Berichte über die rätselhafte Lungenkrankheit EVALI aufgeschreckt. Ende des Jahres 2015 gerieten im Zusammenhang mit der sogenannten “Popcorn-Lunge” die Stoffe Diacetyl und Triacetin in den Fokus des öffentlichen Interesses. Was hinter den Berichten steckt und warum sich Dampfer regulierter, im deutschen Fachhandel erworbener Liquids nicht sorgen müssen, erfahrt Ihr in diesem Blogbeitrag.
Ist Sucralose in Liquids für E-Zigaretten enthalten?
Was sind Triacetin und Diacetyl?
Diacetyl, Triacetin und die “Popcorn-Lunge”
Gefahr durch Triacetin und Diacetyl beim Dampfen?
Was hat es mit EVALI und Vitamin-E-Acetat auf sich?
Warum Nutzer regulierter Liquids keine Angst vor EVALI haben müssen
Was ist Sucralose?
Sucralose, auch E 955, chemisch C12H19Cl3O8, ist ein Süßungsmittel, welches seit 2004 in der Europäischen Union als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen ist. Auf Verpackungen von Lebensmitteln muss es deklariert werden. Sucralose ist kalorienfrei und etwa 600 Mal süßer als herkömmlicher Haushaltszucker. Anfang der 1990er Jahre wurde der Süßstoff vom britischen Hersteller Tate & Lyle entwickelt und auf den Markt gebracht. Eingesetzt wird Sucralose beispielsweise in der Lebensmittelproduktion, bei der Herstellung von Softdrinks und Kaugummi oder auch bei der Produktion von Zahnpasta.
Sucralose: Was war passiert?
Am 09.04.2019 veröffentlichte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ein Schreiben in welchem darauf hingewiesen wurde, dass bei einer Erhitzung von Sucralose auf 120 bis 150°C über einen längeren Zeitraum potentiell gefährliche Stoffe, etwa Chlorpropanole entstehen können. Bezogen war die Warnung des BfR auf den Lebensmittelbereich, wo es zu einer derartigen Erhitzung von Sucralose beispielsweise beim Kochen oder Backen kommen kann. Da Temperaturen bis zu 300°C auch beim Verdampfen von Liquids in E-Zigaretten entstehen, kam im Zusammenhang mit der E-Zigarette die Frage auf, inwieweit Sucralose in Aromen und Liquids enthalten ist und ob eine mögliche Gefährdung beim Verdampfen derartiger Aromen vorliegt. Der Toxikologe Prof. Dr. Bernd Mayer veröffentlichte am 09.06.2019 ein Statement, in dem er von der Verwendung sucralosehaltiger Liquids abriet, bis genauere Untersuchungsergebnisse vorlägen. Die beiden großen deutschen Verbände des E-Zigarettenhandels BfTG und VdeH gaben daraufhin entsprechende Studien in Auftrag. Im Ergebnis der Studien wurde festgestellt, dass eine Gefährdung beim Verdampfen von Liquids mit einem Sucralosegehalt unter 0,5% nicht nachweisbar ist, bei einem höheren Anteil an Sucralose jedoch nicht ausgeschlossen werden kann.
Ist Sucralose in Liquids für E-Zigaretten enthalten?
Mit der Neuregelung des Tabakerzeugnisgesetzes (TabakErzG) in der Bundesrepublik Deutschland zum 01.01.2021 sind Beipackzettel, welche bis dahin nur für nikotinhaltige Flüssigkeiten verpflichtend waren, auch für nikotinfreie, zum Verdampfen in E-Zigaretten vorgesehene Flüssigkeiten wie Longfills oder Shake and Vapes vorgeschrieben. Potentiell gefährliche Inhaltsstoffe dürfen nicht verwendet werden. Zudem sind – angeregt durch die um Sucralose entstandene Diskussion – viele Hersteller dazu übergegangen, ihre Liquids mit dem Vermerk “sucralosefrei” zu deklarieren. Bei privat importierten Produkten aus den Kategorien Longfill bzw. Shake and Vape / Shortfill aus dem Ausland sind Inhaltsstoffe nicht immer dezidiert ausgewiesen. Bei sehr süßen Tastes ist die Verwendung von Sucralose in diesen Fällen möglich.
Was sind Triacetin und Diacetyl?
Triacetin, chemisch C9H14O6, ist ein Ester aus dem Triol Glycerin und Essigsäure. In der Industrie wird es als Weichmacher eingesetzt, als Lebensmittelzusatzstoff E 1518 ist es ausschließlich für Kaugummis und Aromen zugelassen.
Diacetyl, mit der chemischen Summenformel C4H6O2, ist ein Bestandteil des natürlichen Butteraromas. In verdünnter Form weist es einen ausgeprägten Buttergeschmack auf. Während des Bierbrauens produzieren Bierhefen Diacetyl, welches im Fortgang des Prozesses weiter reduziert wird.
Diacetyl, Triacetin und die “Popcorn-Lunge”
Zwischen Anfang und Mitte der 2000er Jahre erkrankten vornehmlich in den Vereinigten Staaten von Amerika immer wieder Mitarbeiter von Fabriken, in denen Mikrowellen-Popcorn produziert wird, an der ernstzunehmenden Lungenkrankheit Bronchiolitis obliterans. Da die Erkrankung gehäuft in diesem Umfeld auftrat, etablierte die Medienlandschaft dafür schnell den Begriff Popcorn Worker’s Lung, oder eben im deutschen Popcorn-Lunge. Das Auftreten der Fälle wurde zunächst mit dem im Herstellungsprozess verwendeten Aromastoff Diacetyl in Verbindung gebracht. Diacetyl war zu diesem Zeitpunkt auch in einigen Liquids, vornehmlich im US-Amerikanischen Raum, als Aromastoff enthalten. Eine Studie der Harvard University in Cambridge untersuchte daraufhin 2015, ob das in Liquids für E-Zigaretten enthaltene Diacetyl das Krankheitsbild Bronchiolitis obliterans auslösen könne. Obwohl die Studie zu dem Ergebnis kommt, dass die untersuchten Liquids entweder kein Diacetyl enthalten, oder der Stoff nur in gesundheitlich unbedenklichen Mengen ( < 250 µg) nachweisbar ist, griffen Medien, auch im deutschen Sprachraum, das Thema auf und berichteten über die “Popcorn-Lunge durch E-Zigaretten”. Nachdem der Zusammenhang zwischen der E-Zigarette und Bronchiolitis obliterans medial konstruiert war, wurden auch Vermutungen darüber angestellt, inwieweit das in einigen Zitrusfrucht-Aromen enthaltene Triacetin die Erkrankung auslösen könne.
Gefahr durch Triacetin und Diacetyl beim Dampfen?
Zunächst: Das Butteraroma Diacetyl ist auch in herkömmlichen Tabakzigaretten enthalten. Der Diacetylgehalt einer klassischen Tabakzigarette ist dabei mit 300 bis 400 µg etwa 750 Mal höher als der durchschnittliche Gehalt in den vor sechs Jahren von der Harvard University getesteten, amerikanischen Liquids. Ein gehäuftes Auftreten von Bronchiolitis obliterans unter Rauchern ist dennoch nicht dokumentiert. Gleichwohl verzichten europäische Liquidhersteller schon lange komplett auf die Zugabe von Diacetyl.
Eine gesundheitliche Gefährdung durch Triacetin in den in einigen Liquids für E-Zigaretten enthaltenen Mengen konnte bislang nicht nachgewiesen, allerdings auch nicht vollständig ausgeschlossen werden. Da triacetinhaltige Liquids E-Zigaretten-Tanks aus dem in der Vergangenheit verwendeten Material Makrolon angreifen können, verwendeten viele Liquidproduzenten schon früh kein Triacetin. Die um Bronchiolitis obliterans entstandene Diskussion hat zusätzlich dazu geführt, dass europäische Qualitätshersteller auf den Einsatz von Triacetin bei der Produktion ihrer Liquids verzichten.
Was ist Vitamin-E-Acetat?
Vitamin-E-Acetat ist die umgangssprachliche Bezeichnung für das Vitamin-E-Derivat Tocopherylacetat, welches chemisch mit der Summenformel C31H52O3 beschrieben wird. Tocopherylacetat wird synthetisch produziert und findet Verwendung bei der Herstellung von Kosmetika, als Futtermittelzusatz oder auch in der pharmazeutischen Industrie. Bei inhalativer Einnahme kann es schwere und schwerste Schädigungen der Lunge verursachen.
Was hat es mit EVALI und Vitamin-E-Acetat auf sich?
Mitte des Jahres 2019 kam es in den Vereinigten Staaten von Amerika zu einem gehäuften Auftreten von Fällen einer bis dahin weitgehend unbekannten Lungenerkrankung. Medial wurde daraufhin breit über deren mögliche Ursachen spekuliert. Da nahezu alle Betroffenen dampften, wurde schnell ein Zusammenhang zwischen den Krankheitsfällen und dem Vapen vermutet. Noch bevor die US-amerikanische Behörde für Lebens- und Arzneimittel (FDA) und die Bundesbehörde Center for Disease Control and Prevention (CDC) eine abschließende Einschätzung der Situation abgeben konnten, machten – auch im deutschen Sprachraum – Medien mit Schlagzeilen wie “Lungenkollaps wegen E-Zigarette” (Bunte) oder “Sie rauchten E-Zigarette und erkrankten” (Welt) auf. Untersuchungen der amerikanischen Behörden ergaben später, dass die Erkrankten illegal erworbene THC-Lösungen in sogenannten E-Joints konsumiert hatten. Diese Geräte arbeiten mit niedrigen Leistungen und Temperaturen und wurden entwickelt, um CBD bzw. THC, welches in einigen Bundesstaaten der USA legal ist, zu verdampfen. In Europa sind Geräte in dieser Form nicht erhältlich. Obwohl der Genuss von THC-haltigen Substanzen zu diesem Zeitpunkt in den USA partiell bereits legal war, waren die entsprechenden Flüssigkeiten auf dem unkontrollierten Schwarzmarkt, bei sogenannten Pop-Up Stores, erworben worden. Verursacht wurde die Symptomatik hingegen nicht durch das THC selbst, sondern durch Vitamin-E-Acetat, welches diesen Flüssigkeiten beigemischt worden war, um diese zu strecken und so einen höheren Profit zu erzielen. Die neuartige Erkrankung wurde nach Abschluss der Untersuchungen von der WHO klassifiziert und wird seitdem in der ICD-10 unter dem Namen EVALI (E-cigarette or Vaping product use Associated Lung Injury) gelistet.
Warum Nutzer regulierter Liquids keine Angst vor EVALI haben müssen
Keine der in Frage stehenden Flüssigkeiten wurde legal in einen regulierten Markt gebracht, auch in den USA nicht. Es handelt sich um illegale Substanzen, Drogen, die über unerlaubte Kanäle bezogen wurden. E-Zigaretten sind nicht zum Verdampfen Tocopherylacetat-haltiger Flüssigkeiten vorgesehen. Sämtliche in Deutschland und der Europäischen Union regulär erhältliche Liquids für E-Zigaretten sind durch die EU-weite Verordnung TPD2 (Tobacco Products Directive 2) streng kontrolliert und dürfen keine potentiell gesundheitsgefährdenden Substanzen enthalten. Ein Liquid aus einem regulären Vape-Shop in Deutschland oder der EU enthält kein Vitamin-E-Acetat und kann daher nicht die Ursache für EVALI sein.